Gedankstättenfahrt Colmar

Ein Reisetagebuch (Link zum Weblog)

28.06.2018 – 03.07.2018

Auf dem Weg zum Elsass-Mosel-Denkmal, bei dem wir um 11:30 Uhr angemeldet waren, wurden uns im Vorfeld durch einen Schülervortrag bereits grundlegende Informationen nähergebracht. Wir erfuhren, dass die Gedenkstätte am 18. Juni 2005 eingeweiht wurde, die Situation von Elsass-Lothringen in der Zeit ab 1870 bis in die Gegenwart veranschaulicht und die schwierige Situation der Menschen dieser Region während der oben genannten Zeit widerspiegelt. Das Denkmal liegt im Bereich der Gemeinde Schirmeck und in der Nähe befindet sich das ehemalige KZ Struthof. Die Schüler berichteten uns auch etwas über die Geschichte und die Renovierungsphase im Jahr 2017. Zudem erfuhren wir noch mehr über die Besucherzahlen, die Ausstellungsstücke und das Umfeld der Ausstellung.
Neben der Zeit ab 1870 wird vor allem die Zeit des zweiten Weltkrieges und die Herausforderungen der Menschen an der Grenze zu Deutschland thematisiert.

Wir besuchten die Ausstellung in zwei Gruppen und uns wurde auf sehr anschauliche Art und Weise dargestellt, warum dieses Denkmal überhaupt existiert und worüber es die Besucher informieren soll.
Die Ausstellung begann im ersten Raum mit einer Galerie aus Bildern von Zeitzeugen, die aus der Region stammten und in der Zeit von 1870 bis 1945 gelebt haben. Die vortragende Expertin erklärte uns, dass die Menschendamals vier Mal die Nationalität gewechselt haben und dass die roten Lampen, die unter jedem Bild leuchten, Kerzen der Erinnerung darstellen sollen.
Darauf folgend, informierte sie uns über wichtige historische Fakten. Das Gebiet Elsass war zunächst ein Teil Frankreichs, wurde dann jedoch 1871 nach dem Deutsch-Französischen Krieg zu deutschem Staatsgrund erklärt. Acht bis zehn Prozent der Bevölkerung blieben allerdings französisch und mussten daher umziehen. 1910 war in diesem Gebiet jeder Zehnte ein Deutscher oder hatte deutsche Wurzeln. Im ersten Weltkrieg kämpften viele der Elsass-Lothringer in der deutschen Armee, manche aber auch in der französischen. Nach dem Ende des Krieges, am 11. November 1918, war das Gebiet Elsass-Lothringen dann wieder französisch. Viele der Anwohner verloren dadurch ihre Arbeit, weil nur wenige Französisch sprachen. Vorerst bekam niemand die französische Staatsangehörigkeit und die meisten Deutschen wurden ausgewiesen, da sie nicht französisch werden konnten oder es nicht wollten.
1933 kam Hitler an die Macht. England und Frankreich erklärten Deutschland nach einer Attacke auf Polen den Krieg. Alle, die an der südöstlichen Grenze wohnten und somit auch die Menschen in Elsass-Lothringen wurden vorerst nach Südwestfrankreich evakuiert, mit einem maximalen Gepäckgewicht von 30 Kilogramm. Es gab nur wenige normale Reisewagen, so gut wie alle mussten in Viehwaggons reisen. Oft dauerte es mehrere Tage bis zu mehreren Wochen, bevor die Menschen ankamen. Die Familien im Südwesten von Frankreich mussten die Evakuierten aufnehmen. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten entstanden auch so manche Städtefreundschaften, die teilweise heute noch erhalten sind.
Als wir in den nächsten Raum kamen fiel mir die leichte Schräge des Bahnsteiges auf und als ich nachgefragt hatte, wurde uns erzählt, dass die Bahnsteige mit Absicht schief nachgebaut wurden, damit sich die Leute nicht wohlfühlen, was mich schon sehr schockierte. Auch wurde uns über den sogenannten Sitzkrieg berichtet, die Zeit, vor dem Einmarsch der Deutschen. In dieser Zeit mussten viele französische Soldaten in unterirdischen Festungen ausharren. Viele von ihnen wurden wegen des hohen Vitamin D-Mangels depressiv. 1940 wurde das Gebiet durch den Einmarsch der Hitlertruppen erneut deutsch, der Elsass wurde badisch und Gau-Oberrhein genannt. Im folgenden Teil der Ausstellung befindet sich eine mit Straßenschildern behängte Wand. Wir hörten, dass unter Hitler alle französischen Straßennamen eingedeutscht und umbenannt und auch alle französischen Denkmäler abgerissen worden sind. Jenes führte bei den Menschen zu einem vollständigen Identitätsverlust und machte es für die Evakuierten noch schwerer, in das Gebiet zurückzukehren. Ein weiteres Problem war erneut die Sprache, die viele nicht beherrschten. Alle französischen Namen und Vornamen wurden ins Deutsche übersetzt.
Nun kamen wir in einen Flur, indem sich verschiedene Büroräume befanden, die den Prozess der Nazifizierung in Elsass – Lothringen dokumentieren sollten. Das erste Büro ist ein Symbol für die Kontrolle der Bevölkerung durch die Nazis, das zweite soll die kulturelle Gleichhaltung vermitteln, im dritten Büro wird die strenge Kontrolle durch die Religion dargestellt und das vierte zeigt die Massenzuordnung auf.
Der nächste Ausstellungsbereich war eine Nachstellung der Räume des Reichsarbeitsdienstes (RAD). Er zeigt, dass Frauen nach Deutschland geholt worden sind, um in Fabriken oder auf dem Land zu arbeiten. Im August 1942 fand die Entscheidung zur Zwangsrekrutierung statt. Wer sich weigerte kam in Erziehungslager oder in das Gefängnis. Die Familien wurden ebenfalls bestraft. Außerdem erfuhren wir anhand eines Modells, dass in Schirmeck, Struthof und Feste Groeben die größten Konzentrationslager in der Region Elsass-Lothringen errichtet wurden.
Die darauffolgenden Tafeln zeigten, dass Widerstandkämpfer zu dieser Zeit sehr hart bestraft wurden.
Im letzten Teil der Ausstellung befindet sich eine nachgestellte Kriegsszene mit Sound-, Licht- und Filmeffekten, die die Kriegssituation und uns vor allem auch die Auswirkungen des Krieges sehr nahe brachte und uns zum Nachdenken anregte. Abschließend wurde uns eine Grafik erläutert, die die Befreiung verschiedener französischer Städte darstellt. Die Befreiung Straßburgs fand am 23.11.1944 statt, Colmar wurde am 02.02.1945 befreit. Als der Krieg dann zu Ende war, wurden die durch die Nazis rekrutierten Elsass-Lothringerischen Soldaten, die überlebt hatten, in Russland interniert und Europa generell lag in Trümmern.
Es ging um zwei Dinge, der Wiederaufbau musste beginnen und gleichzeitig auch der Frieden gesichert werden. Dazu gab es ebenfalls eine Ausstellung.

Direkt nachdem wir das Elsass-Mosel-Denkmal verlassen haben, habe ich je einen SchülerInnenaus der achten, neunten und zehnten Klasse nach ihren Eindrücken befragt. Diese werde ich hier wortwörtlich wiedergeben:

  • „Eine sehr bewegende und eingehende Ausstellung, die mit vielen modernen Mitteln einen Eindruck in die damalige Zeit vermittelt.“ (Klasse 8)
  • „Umfangreich, sehr viele Symbole, interessant gestaltet.” (Klasse 9)
  • „Auf jeden Fall sehr interessant, viel neues Erfahren, weil man sonst nicht so viel über die Geschichte im Elsass weiß.“ (Klasse 10)

Die eindrucksvollen Einblicke und vielen Informationen gaben uns die nötigen, uns wichtigen, Hintergrundinformationen, die es uns ermöglichten, den sich anschl. Besuch des KZ Struthof besser zu verstehen und die Eindrücke besser zu verarbeiten. Auf dem Weg dorthin, hörten wir einen Schülervortrag. Wir erfuhren, dass das Konzentrationslager vom 01. Mai 1941 bis zum 23. November 1944 als Straf- und Arbeitslager des nationalsozialistischen Deutschlands genutzt wurde. Von 52.000 Häftlingen starben etwa 22.000, womit die Todesrate bei etwa 40% lag.

Die Schüler berichteten uns etwas über Fluchtversuche, Hinrichtungsmethoden und das Lagergefängnis.
Als die Schüler ihren Vortrag beendet hatten, ergänzten die Lehrer das ganze noch mit einer Hinweisliste. Es wurde angemessenes Verhalten gemahnt und gesagt, dass wir uns aus Gründen des Respektes nicht auf den Boden oder Stufen setzten sollen, da die Asche der Menschen über das Gelände verteilt wurde. Während unsere Lehrerin sprach, wurde es langsam immer leiser und es machte sich eine bedrückende Stimmung breit. Niemand hörte mehr Musik oder machte irgendwelche Witze. Als wir das Gelände des Konzentrationslagers betreten hatten, sind wir zuerst in einer der wenigen noch existierenden Originalbaracken gewesen, innen stand viel über die Entstehung und Geschichte, die Organisation und Planung aber auch über Sachen wie Menschenexperimente und Kennzeichen für Häftlinge. Wir sahen Hochbetten mit drei Stockwerken, in denen 20 Leute oder mehr schlafen mussten und Bilder, die die Grausamkeit in Form von Zeichnungen darstellten. Danach liefen wir am nichtmehr existierenden Küchentrakt vorbei. Danach haben wir uns den Zellendistrikt und die Krematoriumsbaracke angeschaut. Während wir dies taten, tauschten wir uns untereinander aus. Es entstanden viele emotionale Momente.
Die abschließende Besichtigung der noch existierenden Gaskammer war der traurige Höhepunkt des Tages und nicht jeder Schüler war in der Lage sich diesem emotionalen Moment zu stellen.

Wieder in der Unterkunft angekommen, haben wir eine Tagesreflektion durchgeführt, hier ein paar Zitate und Eindrücke:

„Ich fand vor allem, dass die gemalten Bilder sehr eindrucksvoll waren, einem das sehr nahe gebracht haben, einen ziemlich wichtigen Punkt. Das Geschriebene, dieses Unmenschliche und Perverse, was die Nazis gemacht haben, beeindruckte mich. Aber die Bilder haben mich wirklich berührt.“

„Mich persönlich hat der Teil, wo auch mal Bilder gezeigt wurden, wie zum Beispiel bei den Experimenten, die an Menschen ausprobiert wurden, wirklich berührt und das war glaube ich auch das, was die meisten Leute richtig seltsam und gruselig fanden.“

„Was mir persönlich auch in der Krematoriumsbarackeaufgefallen ist, da stand ja wirklich noch dieser originale Ofen, der einfach dafür gebaut worden ist, Menschen zu verbrennen und in dem auch wirklich Menschen verbrannt worden sind. Ich fand das so menschenunwürdig. Ich glaube, wenn man das ein bisschen an sich herangelassen hat, dann hat das extrem zum Nachdenken angeregt, auch in der Gaskammer, man stand da, wo so viele Menschen gestorben sind.“

„Mich hat eben auch beeindruckt, dass diese Effekte, mit denen in der Elsass-Mosel-Gedenkstätte gearbeitet wurde, der verstorbene Wald, der sich als Motiv durch die Ausstellung gezogen hat, so als Bild gewirkt hat.“

„Ich bin bewusst nachher nicht mehr mit in die Gaskammer gegangen, weil ich weiß, dass es mich auch emotional sehr berührt, ich war schon in verschiedenen solcher Gedenkstätten und es berührt mich immer wieder.“

„Was ich sagen wollte, ist, dass die Hitze von diesem Ofen auch benutzt worden ist, um Wasser warm zu machen. Ich weiß nicht, warum, aber ich fand das so pervers, diese Rationalisierung von toten Menschen.“

 

 

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